3.2 Überblick
Mit dem Erscheinen der vierten Version hat sich nun auch die zur Zeit gültige Release-Struktur von Ubuntu herauskristallisiert.
3.2.1 Zyklen
Wie wir bereits wissen, erscheint Ubuntu alle sechs Monate in einer runderneuerten Version. Produktiv orientierte Anwender und Firmen haben allerdings kein Interesse an einer halbjährlich wiederkehrenden Umstellung des Systems – der Fokus liegt bei diesen Anwendern auf größtmöglicher Stabilität, langen Supportzeiten und Zertifizierungen, die dem Betriebssystem bestimmte Eigenschaften wie z. B. Kompatibilität oder den korrekten Umgang mit bestimmten Datenbanken bescheinigen.
Auf der anderen Seite allerdings ist bei vielen anderen Ubuntu-Benutzern der Wunsch nach einem stets aktuellen System sehr groß.
Hier werden bereitwillig Abstriche in Bezug auf die Stabilität in Kauf genommen.
Ubuntu ist aus diesen Gründen etwas anders strukturiert als diverse andere Distributionen. Der Weg, der hier beschritten wird, ist sehr effektiv, da man darauf verzichtet hat, zwei verschiedene »Ubuntus« parallel zu entwickeln (z. B. eine Home und eine Professional Version).
Die Lösung dieser Problematik besteht darin, dass die halbjährlichen
Veröffentlichungen nach zwei Jahren in eine besonders ausgezeichnete Version münden, die so genannte LTS-Version (LTS bedeutet Long Term Support). Jedes vierte Release von Ubuntu stellt also eine besondere Version dar, bei der größtmöglicher Wert auf Stabilität für den produktiven (Firmen-)Einsatz gelegt wird und für die es einen besonders langen Unterstützungszeitraum geben wird (siehe Abschnitt 3.2.3).
Im Endeffekt hat man somit also eigentlich zwei Zyklen, nach denen sich die Entwicklung von Ubuntu richtet:
- alle sechs Monate ein vollständig erneuertes System und
- alle zwei Jahre eine besonders ausgezeichnete Produktivversion mit dem Kürzel LTS.
So hat man beide Welten miteinander vereint – die Benutzer können entweder kontinuierlich mit ihrem Betriebssystem die aktuellsten Programmversionen benutzen, teils sogar Beta-Versionen (wie z. B. in »Edgy Eft« geschehen), oder sie arbeiten weiter mit den LTS-Versionen (z. B. »Dapper Drake«).
Sie werden sich vielleicht fragen, warum der normale Versionszyklus exakt sechs Monate beträgt. Der Grund ist ein ganz banaler: Die Entwicklung von Ubutu ist traditionell mit der von GNOME korreliert. Jeweils einen Monat, nachdem GNOME eine neue Version seiner Desktopumgebung bereitstellt, ist diese in Ubuntu integriert und es erscheint eine neue Ubuntu-Version. Mehr über GNOME erfahren Sie in Abschnitt 1.5.3.
3.2.2 Releases
Zur Verdeutlichung der eben vorgestellten Zyklen soll die folgende Tabelle dienen. Sie bietet eine Übersicht über alle zur Zeit der Drucklegung bekannten oder angekündigten Veröffentlichungen. Sie können darin die genaue Bezeichnung der Version, deren Erscheinungsdatum und den Unterstützungszeitraum der Unterstützung herauslesen.
Die Entwicklungsnamen der einzelnen Versionen sind immer zusammengesetzte Tierbezeichnungen, die zurzeit von Shuttleworth bei jedem Release aufs Neue vergeben werden. Zu Beginn erfolgten die Bezeichnungen noch recht willkürlich, seit »Breezy Badger« werden die Releases alphabetisch fortlaufend benannt.
Vielleicht wird die Version 7.10 ja den Namen »Grumpy Groundhog« (zu Deutsch »Mürrisches Murmeltier«) erhalten, der bereits in der Vergangenheit heiß diskutiert worden ist. Diese Version stellt den letzten Zwischenschritt auf dem Weg zur zweiten LTS-Version von Ubuntu dar, die im April 2008 erscheinen wird.
Des Weiteren sollen die Bezeichnungen auch den Charakter der einzelnen Versionen widerspiegeln. Dies werde ich Ihnen anhand der einzelnen Versionen ab Abschnitt 3.3 näher erläutern.
3.2.3 Supportzeiträume
Wie Sie anhand der Tabelle erkennen können, ist der Support für die ersten beiden Versionen von Ubuntu inzwischen ausgelaufen (Stand Dezember 2006). Allgemein beläuft sich der Supportzeitraum, in dem es für die einzelnen Versionen zugesicherte Sicherheitsupdates gibt, auf eineinhalb Jahre für die »normalen« Releases sowie auf drei Jahre für die LTS-Versionen. [Die Serverversion erhält sogar fünf Jahre lang zugesicherte Sicherheitsupdates, da diese Systeme sehr lange eingesetzt werden und das Interesse an einer neuen Version und dem damit verbundenen Umstieg sehr gering ist.]
Welche Updates bekommt der Anwender? |
Noch ein Wort zu den zugesicherten Updates, bevor wir uns explizit mit den bisherigen Releases beschäftigen wollen. |
Innerhalb des zugesicherten Supportzeitraumes werden lediglich Sicherheitsupdates zur Verfügung gestellt, d. h. ausschließlich Aktualisierungen, die aufgetretene Sicherheitslöcher stopfen. Es werden über Updates keine neuen Funktionen bereitgestellt. |
Diese Aussage bedarf einer kleinen Einschränkung. Von den Sicherheitsupdates profitieren in erster Linie Programme, die aus dem Main-Repository stammen. Nur diese genießen die offizielle Unterstützung durch die Ubuntu-Entwickler.
Wenn Sie allerdings die so genannten backports aktiviert haben, dann erhalten Sie hierüber auch neue Programmversionen, die eventuell neue Funktionen implementieren.
Sie erfahren mehr über Repositories in Abschnitt 14.3 und über die backports in Abschnitt 14.3.6.
Kosten für Support |
Support erhalten Firmen und Privatanwender über die Firma Canonical. Diese bietet für die Distribution Support ab 250 US-Dollar pro Jahr an. Weitere zertifizierte Software-Stacks mit Supportangeboten sollen hinzukommen. Eine Übersicht über die Supportangebote finden Sie in Abbildung 3.2. |
Auf der Seite http://www.ubuntu.com/support erfahren Sie mehr über die Supportangebote von Canonical. |
Kostenlosen Support erhalten Sie in Foren, IRC-Channels und Mailinglisten. Eine Übersicht über die möglichen Anlaufstellen finden Sie im Kapitel 23. |
Abbildung 3.2 Die offiziellen Supportangebote von Canonical (Stand Dezember 2006). 9/5 bedeutet eine Supportmöglichkeit von 9 Stunden an 5 Tagen. 24/7 bedeutet dementsprechend einen »Rund um die Uhr«-Service.
Bei einer großen Firmeninstallation ist es möglich, für einzelne Systeme Support zu kaufen, ohne für alle Installationen einen Service-Vertrag abschließen zu müssen. Hierin unterscheidet sich Ubuntu von Novell und RedHat. Bei der Konkurrenz sind Firmen verpflichtet, für jede Installation Support zu kaufen.
Generell können Firmen natürlich Ubuntu auch ohne jegliche Serviceverträge einsetzen – Ubuntu ist auch für Firmen kostenlos.