16.9 Barrierefreie Dateiformate
Im Folgenden möchte ich mich ein wenig über Barrierefreiheit im Computerbereich im Allgemeinen und über barrierefreie Dateiformate im besonderen auslassen. Was ist mit »Barrierefreiheit« eigentlich gemeint? Häufig ist damit nur die uneingeschränkte Zugänglichkeit von Gebäuden und Informationen für Behinderte gemeint. Grundsätzlich grenzt der Begriff seine Bedeutung aber auf keine bestimmte Personengruppe ein – barrierefrei bedeutet also viel mehr als nur »behindertengerecht«. Das heißt, dass barrierefrei sowohl eine Webseite sein kann, die von Sehbehinderten problemlos genutzt werden kann, als auch ein Dateiformat, das sich ohne kostenpflichtige Software eines bestimmten Herstellers lesen lässt. Ganz allgemein soll keinem Nutzer eines Angebots die Pflicht auferlegt werden (oder die Hürde in den Weg gelegt werden), genau dieselbe Hard- oder Software wie der Autor des Angebots zu verwenden. Das Stichwort heißt hier Plattformunabhängigkeit – ein Internetangebot soll sowohl mit dem PC als auch mit einem PDA, einem Handy usw. zugänglich sein. Ebenso soll es unabhängig von der verwendeten Software und dem verwendeten Betriebssystem sein. Hier gibt es allerdings eine Einschränkung: Die verwendete Software muss sich hierbei an bestimmte Standards halten, keiner kann von einem Autor verlangen, sein Angebot an jede Software anzupassen. Vielmehr versucht er, bestimmte Standards einzuhalten um so eine möglichst gute Zugänglichkeit zu bieten.
Ich habe Ihnen in diesem Kapitel einige Web-2.0-Anwendungen vorgestellt. Diese sind unbestritten sehr nützlich, allerdings besteht wie oft bei neuen Anwendungen die Gefahr, dass die Barrierefreiheit wieder ins Hintertreffen gerät. Aber gerade der Community-Gedanke des Web 2.0 ist besonders interessant für Menschen mit jeglicher Art von Behinderung. In der EU gibt es 38 Millionen Menschen mit verschiedenen Graden von Behinderungen. Diese erstrecken sich von leichten Behinderungen wie Sehschwächen bis hin zu schweren Behinderungen wie Blindheit oder auch schwere körperliche Behinderung. Aus der Definition einer leichten Sehschwäche geht hervor, dass auch ältere Menschen, die altersbedingt an Sehkraft verlieren, zur Gruppe der Behinderten gezählt werden müssen. Mittlerweile beträgt der Anteil der Über-60-Jährigen etwa 20 Prozent – mit steigender Tendenz. Die Nutzergruppe der Behinderten ist also beileibe keine Randgruppe, die außer Acht gelassen werden kann.
Kommen wir nun zu der erweiterten Bedeutung der Barrierefreiheit: Als reiner Windowsnutzer macht man sich meist wenig Gedanken, in welchem Format man Dokumente weiterverschickt. Tabellen verschickt man im Excel-Format, Briefe als Word-Dokument – ist doch klar, oder? Nun, das ist nicht so ganz klar. Nachdem Sie aber nun ein wenig in die GNU/Linux-Welt hineingeschnuppert haben, ist Ihnen vielleicht klar geworden, dass die Sache doch nicht so ganz einfach ist. Zwar kann OpenOffice grundsätzlich recht gut mit Microsoft-Office-Formaten umgehen, aber ganz gut ist eben nicht perfekt. Kritisch sind beispielsweise Makros in Excel-Tabellen und Animationen in PowerPoint.
Um auf Probleme mit bestimmten Dateiformaten zu stoßen, brauchen wir uns aber gar nicht den GNU/Linux-Anwender anzusehen: Anders als (K)Ubuntu bringt Windows von Haus aus gar keine Office-Suite mit. Auch als Windowsnutzer sind Sie also möglicherweise auf OpenOffice angewiesen. Es ist daher zumindest gedankenlos, wenn nicht sogar unhöflich, Ihr Gegenüber ungefragt mit sogenannten »geschlossenen« Dateiformaten zu »beglücken«.
Was können Sie tun? Zunächst einmal: Einen richtigen offenen Standard gibt es nocht nicht, lediglich ein Normentwurf ist veröffentlicht. Dieser Normentwurf bezieht sich allerdings nur auf Office-Anwendungen. Es gibt bereits eine Reihe von Anwendungen, die sich nach den im Normentwurf festgelegten Standards für das sogenannte Open Document Format richten. Darunter sind:
- OpenOffice.org 2.0 verwendet es als Standardformat.
- Scribus ab Version 1.2.2 kann OpenDocument-Text und -Zeichnungen importieren.
- Beagle 0.2, die Desktopsuche.
In gewissen Grenzen ist auch PDF ein barrierearmes Format, da es mit vielen verschiedenen Anwendungen angezeigt werden kann.